Reute-Gaisbeuren begeht den Volkstrauertag bereits am Fest Allerheiligen
Die feierliche Altarweihe am 19. November veranlasste diese Verlegung
Am gestrigen Allerheiligentag gedachte die Kirchengemeinde Reute-Gaisbeuren auch der Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege. Grund für diese ungewöhnliche Kombination ist die feierliche Altarweihe nach Beendigung der Kirchenrenovierung am gesetzten Volkstrauertag, 19. November.
Beim morgendlichen Gottesdienst standen die vielen Seligen und Heiligen der Kirche im Focus. Pfarrer Thomas Bucher stellte in seiner Predigt fest, dass diese Vorbilder heute für viele von uns als unbequem gelten. Beispielhaft eckte in ihrer Zeit Elisabeth von Thüringen wegen ihre Fürsorge für notleidende und kranke Menschen vor allem beim Adel an. Nicht viel besser ging es Franz von Assisi, während er als Wanderprediger insbesondere die gesamte Natur und Kreatur mit einbezog, erntete er beim hohen Klerus Spott und Hohn. „Heilige sollen mit ihrem oft abstrakten Leben uns heute aufzeigen, dass wir unseren Lebensweg in ganz großem Maße selbst in der Hand haben“, so der Geistliche. Der Kirchenchor unter der Leitung von Bernadette Behr umrahmte den Gottesdienst.
Um vierzehn Uhr versammelten sich Vertreter der Ortschaft Reute-Gaisbeuren mit der Musikkapelle und einer Abordnung des Liederkranzes am Kriegerdenkmal unterhalb der Pfarrkirche. Wenn auch zu Beginn der Veranstaltung nur ein paar Dutzend Personen anwesend waren, verdoppelte sich die Anzahl schon bald. Pfarrerin Birgit Oehme und Diakon Klaus Maier sprachen zwischen Musikstücken der Kapelle Gebete und Fürbitten.
Ortsvorsteher Achim Strobel rief in einer kurzen Ansprache den im Jahre 1952 eingeführten Tag der nationalen Trauer auf. Mit diesem Volkstrauertag wollten die damals Verantwortlichen sich klar vom „Heldengedenktag“, wie er während des zweiten Weltkriegs hieß, abgrenzen. „Wir sprechen heute nicht von Helden, sondern gedenken der Opfer von Krieg, Rassismus, Gewalt und Verbrechen, auch hin bis zu unserer Zeit“, so ein mahnender Ortsvorsteher. Und weiter: „Versöhnung, Verständigung und Verzeihen sei das Gebot für alle Bürger, den Christen obliege es aber, hierin Vorbild zu sein. Zum Lied „Vom guten Kameraden“ der Musikkapelle senkten sich die Fahnen. Zusammen mit Angelika Brauchle und Edwin Jehle legte Achim Strobel einen Kranz am Mahnmal nieder.
Mit Prozessionsmusik ging es weiter auf den Friedhof. Hier waren bei schönstem Herbstwetter viele hundert Gläubige an den Gräbern ihrer Verstorbenen bereits versammelt. Diakon Klaus Maier dankte den Anwesenden für das Gedenken an die Verstorbenen das ganze Jahr über, doch jetzt ganz besonders an Allerheiligen. Pfarrerin Birgit Oehme wandte ihren Blick auf die vielen Gräber. „Jedes einzelne Grab verbindet eine ganz persönliche Geschichte. Wenn am Kriegerdenkmal an entsetzliches Leid und Schmerz erinnert werde, sei es an diesem Platz doch oft das liebende Gedenken an ein erfülltes Leben der Vorfahren“, so die Theologin.
Zum Abschluss verlas Diakon Klaus Maier die Namen der vielen im vergangen Jahr verstorbenen Personen. Dazwischen ließ er bewusst Platz für das persönliche Erinnern und Gedenken. Während die beiden Geistlichen abschließend durch die Reihen des Friedhofes gingen und Weihwasser sprengten, spielte die Musikkapelle unter dem Dirigat von Erich Steiner passende Lieder und Choräle.